„Wir dürfen Fleisch essen und Tiere ausbeuten, weil wir ihnen ebenbürtig und überlegen zugleich sind.“

Nachbildung eines Schimpansen mit nachdenklicher Geste

Viele nichtvegane Menschen neigen dazu, die eigene Naturzugehörigkeit anzuführen, um gewohnte Verhaltensweisen zu rechtfertigen, und gleichzeitig dazu, sich von allen anderen Tieren abzuheben, indem auf die Fähigkeit verwiesen wird, sich über sogenannte niedere Instinkte hinwegsetzen zu können.

Nur so lässt sich denn beispielsweise argumentieren, Menschen dürften ohne weitere Bedenken Tiere essen, so sei die Natur nun einmal angelegt. Manche Tiere ernährten sich eben von anderen Tieren, und der Mensch sei schlussendlich auch nur ein Tier. Weiterhin sei der Mensch jedoch ganz und gar nicht nur ein Tier, vor allem hinsichtlich sozialer Fragen, die zum Beispiel unsere Tischmanieren oder unprovozierte Gewalt gegenüber Artgenossen betreffen.

Karnivore Tiere in der sogenannten freien Wildbahn brauchen das Fleisch anderer Tiere, um zu überleben. Die überwältigende Mehrheit aller Menschen verzehren Tiere (oder deren Produkte) hingegen nicht, um sich überhaupt am Leben zu erhalten, sondern aus Gründen so trivial wie Geschmack, Vorliebe und Gewohnheit. Um ihren Organismus mit allen benötigten Nährstoffen zu versorgen haben frei lebende Raubtiere keine andere Wahl als andere zu töten. Im Gegensatz dazu können die allermeisten Menschen nicht nur überleben, sondern dabei auch bei bester Gesundheit bleiben, ohne anderen Tieren vorsätzlich schaden zu müssen.

Gehen wir von einer anderen Seite an das Argument heran: Hunde werden an vielen Orten auf der Erde regelmäßig zu Opfern von fleischfressenden Tieren, etwa von großen Raubkatzen und Greifvögeln. Haben wir demnach in Wirklichkeit also gar keinen Anlass, ablehnend zu reagieren, wenn Hunde auch von Menschen getötet und gegessen werden? Die meisten von uns würden es als abstoßend und zumindest als moralisch falsch empfinden, einen Hund zu töten, wenn gleichzeitig alternative Nahrungsmittel in ausreichender Menge und Vielfalt zur Verfügung stünden. Tatsächlich gibt es jedoch keinen Grund, sich in dieser Haltung auf Hunde zu beschränken, wenn doch Hühner, Fische, Schweine, Schafe, Enten und Rinder offensichtlich ebenso leidensfähig und lebenswillig sind.

Mit welcher Legitimation können wir Menschen uns überhaupt „wilde Tiere“ oder „die Natur“ zum Vorbild für moralisches Tun nehmen? Wie sähe unser Zusammenleben aus, würden wir uns bei Themen wie Körperverletzung oder Mord am natürlichen Verhalten von Löwen, Bären oder Echsen orientieren? Kannibalismus ist bei nicht wenigen Arten in freier Natur regelmäßig zu beobachten, und doch würden die wenigsten auf dieser Grundlage dafür argumentieren, das Töten und Essen anderer Menschen sollte nicht bestraft werden.

Wir können folglich nicht unsere Zugehörigkeit zum Tierreich immer dann geltend machen, wenn es uns hilft, unsere Gewohnheiten und Privilegien nicht aufgeben zu müssen, und in anderen Fällen auf die überragende Stellung des Menschen gegenüber allen anderen Tieren zu verweisen, wenn ganz ähnliche Privilegien und Gewohnheiten auf dem Prüfstand stehen.