Das Prinzip „Grundrechte“ zu verstehen und demgemäß zu handeln ist keine Bedingung dafür, diese Rechte selbst besitzen zu können. Dies gilt für die Tierrechte ebenso wie für die Menschenrechte. Entscheidend ist einzig und allein, ob ein Individuum bestimmte fundamentale Interessen und Bedürfnisse hat, welche durch entsprechende Rechte geschützt werden können.
Zu diesen grundlegenden Interessen eines jeden empfindungsfähigen Lebewesens gehören vor allem der Wunsch nach physischer und psychischer Unversehrtheit, Freiheit von Schmerz, Ausbeutung und räumlicher Begrenzung sowie die Fortsetzung des eigenen Lebens. Die meisten Menschen etwa haben maximales Interesse daran, am Leben zu bleiben, weshalb sie mit dem Menschenrecht, nicht ohne eine legitime Rechtfertigung (zum Beispiel äußerste Notwehr) getötet zu werden, ausgestattet sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie diesen Zusammenhang verstehen oder nicht.
Ob ein Mensch bestimmte Grundrechte besitzt, hängt also nicht davon ab, ob er das Wesen oder die Ableitung dieser Rechte nachvollziehen kann, sondern davon, ob er entsprechende Interessen verfolgt, die durch eben diese Rechte geschützt werden können. Wenn nun auch nichtmenschlichen Tieren gewisse Rechte verliehen werden sollen, sollten sie dann nicht auch zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie wiederum die Rechte anderer verletzen? Wenn sie aber das Konzept der Grundrechte weder verstehen noch mit uns darüber verhandeln können, warum sollten ihnen solche Rechte überhaupt zugestanden werden?
Wie verhält es sich zum Beispiel mit dem Löwen, der ein schwerwiegendes Interesse eines Zebras übergeht und es tötet, um selbst überleben zu können? Zum einen handelt es sich hier einen echten Konflikt (entweder das Zebra wird vertilgt oder der Löwe verhungert), zum anderen könnte der Löwe das Konzept der Grundrechte vermutlich nicht nachvollziehen, weshalb er auch nicht für die Verletzung solcher Rechte verantwortlich gemacht werden kann (erst recht nicht, wenn er von vornherein gar keine andere Wahl hat).
Denn unter uns Menschen gibt es ebenfalls nicht wenige, die ein solches Konzept gedanklich nicht erfassen können, darunter Säuglinge und Kleinkinder oder Personen mit (etwa durch genetische Veranlagung, Krankheit oder Alter) entsprechend eingeschränkten geistigen Fähigkeiten. Diese gelten als unzurechnungsfähig, wir können sie also nicht voll zur Rechenschaft ziehen, sollten sie die Rechte anderer verletzen, und dennoch besitzen sie selbst die selben Grundrechte wie alle anderen Menschen. Wir können beispielsweise ein einjähriges Kind nicht für eine unfreiwillige Organspende heranziehen mit der ausschließlichen Begründung, es verstehe das Konzept des Rechts auf körperliche Unversehrtheit nicht.
Da die Spezies eines Individuums (wie die Hautfarbe, das Geschlecht oder eben die kognitiven Fähigkeiten) in ethischen Fragen keine Rolle spielen kann, können wir nichtmenschlichen Tieren grundlegende Rechte ebensowenig verwehren wie den Menschen, welche an einer Demenz leiden oder deren Gehirn – aus welchen Gründen auch immer – die Leistung eines durchschnittlichen Erwachsenen nicht erbringen kann.