Ist es kein Widerspruch, wenn vegan lebende Menschen Dinge essen, die so aussehen und schmecken wie Tierprodukte?

Mehrere Gefäße mit frittierten Kartoffeln und Dips

Viele Menschen wollen durch ihr Einkaufs- und Essverhalten nicht unterstützen, dass Tiere ausgebeutet und getötet werden, und vermeiden deshalb den Konsum von Produkten, zu deren Herstellung die Ausbeutung und Tötung von Tieren notwendig ist. Wenn sie statt einem Stück Fleisch ein veganes Lebensmittel kaufen, dann haben sie den Konsum eben dieser Produkte vermieden, was nicht im Widerspruch zu, sondern im Einklang mit ihren Absichten steht. Wie das Essen dabei aussieht oder schmeckt, ob ein sogenanntes Ersatzprodukt rot oder blau ist und aussieht wie eine Wurst oder wie ein Dreirad, ist dabei nebensächlich, denn die selbst gestellte Bedingung, den Konsum von Tierprodukten zu vermeiden, wurde vollständig erfüllt.

Der Konsum von „Ersatzprodukten“ wäre dann widersprüchlich, wenn bestimmte Personen aus gewissen Gründen die Form, den Geschmack oder die Textur von Fleisch oder anderen Tierprodukten ablehnen würden und es daher vermeiden wollten, sich an der Nachfrage nach Produkten mit genau diesen Eigenschaften zu beteiligen. Da vegan lebende Menschen aber nicht Form oder Geschmack, sondern die Produktionsbedingungen der von Tieren stammenden Produkte aus ethischen Gründen ablehnen, und bei Erzeugnissen beispielsweise aus Soja- oder Weizeneiweiß die Herstellungsprozesse völlig andere sind, liegt hier keinesfalls ein Widerspruch vor.

Benannt werden vegane „Ersatzprodukte“ vermutlich oft wie ihre nicht veganen Vorbilder, damit sich potenzielle Neukundschaft eine Vorstellung von Geschmack und Konsistenz des Produkts machen kann, bevor sie es kauft. Hier eine Verbindung zu etwas Bekanntem oder Gewöhnten herzustellen ist wohl einfach eine Verkaufsstrategie und hat nichts damit zu tun, dass vegane Menschen nicht ohne Produkte leben könnten, die genauso heißen wie die nicht veganen Varianten.

Oft bestehen äußerliche Ähnlichkeiten zwischen Tier- und „Ersatzprodukten“ auch aus einem ganz einfachen Grund: Die Art der Zubereitung oder des Verzehrs bedingt eine bestimmte Form, denn zum Grillen eigenen sich besonders klumpen- oder wurstförmige Lebensmittel, aufs Brot lassen sie sich am besten als dünne Scheiben legen, und in der Pastasauce macht sich vor allem Kleingehacktes gut. Auf weniger zweckmäßige Formen zurückzugreifen, nur weil der Inhalt durch einen anderen – in gesundheitlicher, umwelt- und vor allem tierfreundlicher Hinsicht vorteilhaften – ersetzt werden soll, wäre schlicht unsinnig.

Dazu ein anderes Beispiel: Frau Müller fährt jeden Tag mit ihrem Auto zur Arbeit. Als sie davon erfährt, wie schädlich die Verbrennung von Erdölprodukten für unsere Umwelt ist und dass es Alternativen dazu gibt, lässt sie sich einen Elektromotor in ihren Wagen einbauen und betreibt diesen mit Strom aus Sonnenenergie. Weil sie das Dach und die Polstersitze des Autos aber immer als praktisch beziehungsweise angenehm empfunden hat, sieht sie keinen Grund, diese beiden Aspekte ihres Autos nicht weiterhin zu nutzen, tragen sie doch zum eigentlichen Problem, dem Schadstoffausstoß, in keiner Weise bei. Damit handelt sie nicht im Widerspruch zu ihrer eigentlichen Intention, die Umwelt weniger zu belasten, obwohl ihr Auto so aussieht und sich so anfühlt wie ein „konventionelles“ Auto mit Verbrennungsmotor.