Vegan zu werden ist für uns alle der erste und unabdingbare Schritt hin zu einer Welt, in der Tiere nicht mehr unnötig leiden und getötet werden. Denn letzten Endes ist der einzige Weg, das unnötige Leiden und Töten zu beenden, die Tiere von vornherein gar nicht erst zu benutzen.
Viele Menschen sind positiv gegenüber einer veganen Lebensweise eingestellt, können aber nur schwer einen langfristigen Gewinn erkennen, der den scheinbar hohen Aufwand für eine Umstellung kompensieren würde: „Ich könnte vegan werden, aber zu welchem Zweck? Der Einfluss, den ich alleine auf die Wirtschaft ausüben kann, ist äußerst gering. Die Menschheit wird niemals vollständig aufhören, Tiere zu benutzen. Vegan zu leben ergibt also keinen Sinn, ist somit nicht notwendig und kommt daher für mich nicht in Frage.“
Zum Glück würden wahrscheinlich nur wenige von ihnen dieselbe Logik auf andere, ähnliche Fragen anwenden. Rassismus und Sexismus sind tief in unserer wie auch in anderen Kulturen verwurzelt. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Formen der Diskriminierung in den nächsten Jahrzehnten vollständig verschwinden werden. Dennoch handeln die meisten, die darin ein Problem sehen, nicht selbst aktiv und bewusst rassistisch oder sexistisch, nur weil wir noch weit davon entfernt sind, jedwede Ungerechtigkeit aus der Welt geschafft zu haben, oder nur weil sie als Einzelpersonen deren Beendigung nicht sofort herbeiführen können. Wenn wir eine bestimmte Praxis als Unrecht erkannt und uns entschieden haben, sie fortan nach Möglichkeit zu vermeiden, handeln wir in erster Linie so, weil es uns als das Richtige erscheint. Ob dadurch Wirtschaft oder Gesellschaft in großem Umfang verändert werden, spielt wohl (vorerst) keine Rolle.
Sobald wir aus dem gewaltsamen und ausbeuterischen System der Tiernutzung aussteigen, tragen wir unsere Haltung nach außen, der entsprechend alle Tiere das Grundrecht besitzen, nicht als bloße Dinge behandelt zu werden. Wir leben und handeln gemäß unserer Ansicht, dass es falsch ist, Tieren unnötigerweise zu schaden. Da gesellschaftlicher Wandel immer damit beginnt, dass Einzelne diesen Wandel in sich selbst vollziehen, werden wir gleichzeitig zu einer wachsenden sozialen Bewegung beitragen, die zum Ziel hat, die unnötige Gewalt an Tieren zu beenden.
Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Aufklärung über Veganismus ein exponentieller Prozess ist. Wenn sich unsere Botschaft verbreitet und unterstützt wird, wird sie weitergetragen werden und mehr und mehr Menschen erreichen, die ihrerseits einen Teil zur weiteren Aufklärung beitragen. So kann eine einzelne Person, die sich kreativ, regelmäßig und konsistent für die Abschaffung der Tiernutzung einsetzt, in den folgenden Jahren hunderte, wenn nicht tausende Menschen erreichen.
Die Möglichkeiten, sich für die Rechte aller Tiere zu engagieren, sind nahezu unbegrenzt: Selbstbewusste, gut informierte und konsequent handelnde vegane Menschen werden fast automatisch zu Vorbildern und Ratgebern für andere: Sie können und wollen erklären, warum es falsch ist, andere empfindungsfähige Lebewesen für unsere Zwecke zu benutzen. Sie können und wollen anderen helfen, vegan zu werden und auch zu bleiben und ihnen wiederum zeigen, wie sie andere über Tierausbeutung und Veganismus aufklären können.
Auch alleine und mit wenigen oder ganz ohne finanzielle Mittel sind produktive und wirksame Aktivitäten möglich: Aufklärungsmaterial schreiben oder verteilen, Artikel, Podcasts oder Videos im Internet veröffentlichen, Lese- und Diskussionsgruppen leiten, Filmvorführungen oder Vorträge in Schulen oder ähnlichen Einrichtungen anbieten, vegane Essens- und Infostände auf Veranstaltungen unterhalten, Leserbriefe einsenden, Kleidung mit veganer Botschaft tragen, Geschichten schreiben, Fotos schießen, Bilder malen, Comics zeichnen etc.
Auch direkte Hilfe für Tiere, die überlebende Opfer der Nahrungs- oder „Heimtier“-Industrie geworden sind, ist ein wichtiger Aspekt. Wer ausreichend Platz beziehungsweise Zeit oder Geld hat, kann ein Tier aus einem Tierheim adoptieren, dort ehrenamtlich mithelfen oder eine kleine Summe an Höfe spenden, die ebensolche Tiere aufgenommen haben.
Eine nicht zu unterschätzende Außenwirkung des Veganismus ist die symbolische: Seine größte Bedeutung entfaltet er vielleicht, wenn er kognitive Dissonanz hervorruft, wenn er Sand ist im mentalen Getriebe der Tierausbeutung, welches in erster Linie durch Wegschauen oder bequeme Rechtfertigungen am Laufen gehalten wird. Viele Menschen wollen nicht wissen, wie ihr Essen produziert wird, aber die bloße Möglichkeit eines veganen Lebens drängt sie dazu, darüber nachzudenken. Eine Veganerin, die an einem Tisch mit Fleisch essenden Menschen sitzt, steht gewissermaßen für das auf den Tellern liegende Tier ein. Indem sie Stellung bezieht und die Produkte der Gewalt und Ausbeutung ablehnt, an der alle anderen sich beteiligen, bringt sie diese dazu, ihre Wahl zu überdenken. Sie erinnert sie an die unnötige Gewalt, die für ihr Mahl eingesetzt wurde, auch ohne nur ein Wort darüber zu sprechen.