Warum versuchen vegane Menschen immer, anderen ihre Meinung aufzuzwingen?

Personen am Tisch mit Getränken während einer Unterhaltung

Tierrechte sind ebensowenig eine Sache der persönlichen Meinung wie jede andere moralische Kernfrage. Wir haben beispielsweise entschieden, dass menschliche Sklaverei nicht geduldet werden darf, und zwar nicht, weil einige Leute dieser Meinung waren, sondern weil es die Sklaverei erlaubt, dass Menschen als ausschließliche Ressourcen für andere dienen, wodurch ihnen jedwede moralische Berücksichtigung verwehrt wird.

Wenn Tierrechtlerinnen und Tierrechtler andere über die Ungerechtigkeit des Speziesismus informieren, das heißt über die systematische, brutale Ignoranz gegenüber den Grundbedürfnissen vieler Milliarden Gefangener und über das unbeschreibliche Leid, welches unsere Gewohnheit, unnötigerweise Tiere zu konsumieren, tagtäglich verursacht, zwingen sie niemandem eine Meinung auf. Sie legen vielmehr unanfechtbare Gründe vor, vegan zu werden:

Die Gefangenhaltung, Ausbeutung und Tötung empfindungsfähiger Tiere ist unnötig; die Gefangenhaltung, Ausbeutung und Tötung empfindungsfähiger Tiere verursacht Leid; unnötiges Leid zu verursachen ist moralisches Unrecht. Auf der anderen Seite zwingen nichtvegane Menschen ihre Meinung unschuldigen, fühlenden Lebewesen auf, jedes Mal wenn sie ein Tierprodukt konsumieren.

Die Auffassung, Tierrechte wären eine Frage der persönlichen Betrachtungsweise, steht in direktem Zusammenhang mit dem Status nichtmenschlicher Tiere als Eigentum von Menschen; sie setzt die Legitimität der Behandlung dieser Tiere als Dinge, welche ausschließlich zu menschlichen Zwecken existieren, voraus. Weil wir sie als Eigentum ansehen, gehen wir davon aus, dass wir das Recht haben, sie so wertzuschätzen und zu behandeln, wie es uns gelegen kommt. Unter der anderen Voraussetzung, nämlich wenn wir es moralisch nicht rechtfertigen können, andere Tiere als Eigentum zu behandeln, ist die Frage, ob wir sie für unsere Gaumen umbringen, sie zu „wissenschaftlichen“ Experimenten oder als Sport- oder Unterhaltungsobjekte benutzen dürfen, ebensowenig eine Sache der Meinung wie die moralische Bewertung der menschlichen Sklaverei.

Insbesondere die Menschen, welche sehr gerne an ihrem gewohnten Tierproduktkonsum festhalten würden, bringen unter anderem häufig das Argument vor, Moral sei immer relativ. Sie sei schlicht eine Sache der persönlichen Einstellung, nie könne sie sich auf eine objektive Wahrheit gründen. Wäre dies der Fall, wäre die moralische Bewertung von Völkermord, Zwangsprostitution oder Kindesmisshandlung folglich ebenfalls nur eine Frage der persönlichen Meinung.

Obwohl niemand bestreitet, dass moralische Festlegungen nicht wie mathematische Sätze bewiesen werden können, bedeutet dies nicht, dass „alles geht“. Manche moralischen Ansichten werden von triftigeren Gründen gestützt als andere, und einige Positionen sind viel eher mit unseren bereits bestehenden Wertvorstellungen in Einklang zu bringen als andere. Die Haltung, aus welcher heraus wir nichtmenschliche Tiere als Dinge behandeln, einfach weil wir Menschen sind und sie nicht, ist schlicht und ergreifend speziesistisch. Die Ansicht hingegen, wir sollten Tiere nicht wie Dinge behandeln, geht konform mit unserer generellen Auffassung, Tiere hätten moralisch zu berücksichtigende Interessen und sollten nicht unnötigen Qualen unterzogen werden.