Besteht bei veganer Ernährung nicht die Gefahr eines Eiweißmangels?

Schale mit Kichererbsengericht, Reis, Kräutern und Brot

Nicht, wenn die vegane Ernährung entsprechend ausgewogen und abwechslungsreich gestaltet wird, denn alle essenziellen Aminosäuren können ohne besonderen Aufwand aus pflanzlicher Nahrung bezogen werden.

Eiweiße (Proteine) sind nicht nur für uns unverzichtbare Nährstoffe, sie sind der Grundbaustein allen Lebens auf der Erde: Sie bilden den Hauptbestandteil der Zellen eines jeden Lebewesens. Zusätzlich erfüllen sie wichtige Funktionen im Organismus, darunter Aufbau und Erhalt der Muskeln und des Immunsystems. Menschliche Proteine sind aus 20 Aminosäuren aufgebaut, von denen acht als essenziell, also als lebensnotwendig bezeichnet werden.¹ Diese essenziellen Aminosäuren können vom menschlichen Körper nicht selbst hergestellt werden und müssen deshalb mit der Nahrung zugeführt werden. Eine ausgewogene, abwechslungsreiche vegane Ernährung versorgt den menschlichen Körper problemlos mit allen benötigten Aminosäuren.

Der tägliche Bedarf eines erwachsenen Menschen liegt etwa bei 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Die seit Jahrzehnten in den westlichen Ländern verbreitete Annahme, die einzige nennenswerte Proteinquelle sei Fleisch, ist jedoch unbegründet. Obwohl praktisch jedes vegane Nahrungsmittel einen mehr oder weniger großen Anteil Eiweiß enthält, zählen zu den besonders proteinreichen pflanzlichen Nahrungsmitteln vor allem:

  • Hülsenfrüchte (Lupinen, Sojabohnen, Linsen, Bohnen, Erdnüsse, Erbsen, Kichererbsen)
  • Getreide (Hafer, Weizen, Gerste, Hirse, Mais, Roggen, Reis)
  • Nüsse, Samen und Kerne (Macadamia-, Wal- und Haselnüsse, Cashewkerne, Mandeln, Sesam, Kürbis-, Sonnenblumen- und Pistazienkerne, Amarant, Quinoa)
  • einige Gemüsesorten (Grünkohl, Rosenkohl, Broccoli)

Verarbeitete Sojaprodukte (Sojamilch und Sojajoghurt, Tofu, Tempeh) und Produkte aus Weizeneiweiß (Seitan) enthalten ebenfalls vergleichsweise große Mengen an Proteinen.

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich demnach auch, dass Eiweißmangel in unserer Gesellschaft praktisch nicht existent ist, auch nicht unter vegetarisch oder vegan lebenden Menschen. Eine Unterversorgung kommt in den sogenannten Industrieländern generell nur äußerst selten vor; die durchschnittliche Mischkost liefert eher zu viel Eiweiß und hat damit erwiesenermaßen negative Auswirkungen unter anderem auf den Calciumhaushalt (und damit auf die Knochenmasse), die Leber und die Nieren.


¹ Essenzielle Aminosäuren sind Iso­leucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin. Für Heranwachsende gelten weiterhin Arginin und Histidin als essenziell.